Kunst und Umwelt mit Kindern - Die Kalender


Als Künstler auf Familie und Karriere völlig verzichten, wer macht das schon? Über 50 Jahre hat der Berliner Maler Gilbert Waligora ohne Unterbrechung mit Kindern und Jugendlichen Landschaften erforscht, gezeichnet und gemalt. An der Ostsee, im Erzgebirge, vor allem nördlich von Berlin im heutigen schönen Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Kostenlose DDR-Ferienlager des Berliner Pionierhauses machten dies möglich. Bis Gilbert Waligora dort 1987 plötzlich nach 23 Jahren erfolgreicher Arbeit fristlos entlassen wurde. „Ungeeignet für die kommunistische Erziehung von Kindern“.

Er fand mit seinen Jugendlichen zunächst im Kulturhaus des VEB Elektrokohle Berlin einen neuen Träger. Aber auch dieser Betrieb wurde wie viele Einrichtungen der DDR 1990 „abgewickelt“. Dann kam die Gruppe in der Volkshochschule Berlin-Lichtenberg unter. Als Weiterbildungskurs, nicht mehr als Arbeitsgemeinschaft. Hier musste alles bezahlt werden. Die Zeit kostenloser Räume und Materialien für Freizeitzirkel war vorbei. Immerhin hatte Waligoras Gruppe nur die halbe Gebühr zu entrichten und konnte 15 Jahre bleiben. 2005 wurde der Kurs weg gespart.
Besonders hilfreich war die alte Verbindung mit den ostdeutschen Naturschützern. Das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin nahm die Jugendgruppe schon 1990 auf. Der Leiter, Dr. Eberhard Henne, schlug Gilbert Waligora vor, einen Kalender zu machen über das UNESCO-Programm „Mensch und Biosphäre“. In geduldiger Handarbeit schafften sie 60 Exemplare, bedankten sich damit bei vielen Förderern. Doch selbst für Materialien hatte das Biosphärenreservat kein Geld. Da half ab Sommer 1991 der Förderverein für Öffentlichkeitsarbeit im Natur- und Umweltschutz FÖN. Die Jugendgruppe „Grafik, Malerei, Umweltpflege“ wurde Mitglied.

Der Vorstand von FÖN e.V. und seine rege Geschäftsstelle beantragten nun Jahr für Jahr erfolgreich Fördermittel beim Brandenburger Umweltministerium für Projekte, sogar für neue Ferienlager. Matthias Platzeck, der junge Umweltminister, unterstützte die Verbände und solche Initiativen sehr. Damit war es möglich, weiterzumachen, die Kinder nicht herumirren zu lassen. In den Nachwendeturbulenzen war das Gilbert Waligoras Hauptziel. Ab 1991 entwickelte die Jugendgruppe jährlich einen professionellen großen Kalender, zusammen mit einer Druckerei in Berlin.

FÖN e.V. half mit Geld, beim Vertrieb und bei der Öffentlichkeitsarbeit. Jahr für Jahr wurden mit Fachleuten neue Themen und Probleme aus Landschaft, Naturschutz und Kulturgeschichte künstlerisch umgesetzt. Über die eiszeitliche Prägung der Landschaft, über Schutzgebiete wie das Odertal oder über Luft- und Wasserfragen.
1997 illustrierten die Jugendlichen feinfühlig Episoden aus dem Roman „Die Heiden von Kummerow“ von Ehm Welk. Ein besonderer Höhepunkt wurde 2010 eine große Ausstellung im Nationalparkzentrum Hainich unter dem Titel „Der Baum und ich und Du, wir wollen leben“.
Das Engagement von Waligora und „seinen Kindern“ würdigte 2020 das Buch „Aquarell im Regen. Naturverständnis und Kunst“.

Hartmut Sommerschuh