Ein einmaliger Literaturpreis


Ein Literaturpreis, der von einer Behörde, sonst zuständig für Boden, Wasser und Luft, vergeben wird? Gibt es - oder leider - gab es. Politische Wechsel und finanzielle Engpässe ließen in „sterben“. Angeregt durch den Arbeitskreis LITERATUR UM WELT im FÖN hatte das Umweltministerium des Landes von 1994 bis 2011 den mit fünftausend Euro dotierten „Brandenburgischen Literaturpreis Umwelt“ verliehen. Er trug bis zum Jahr 2007 den Namen des Schriftstellers Erwin Strittmatter. Die Auszeichnung ging an Autorinnen und Autoren deutschlandweit, deren Werke in besonderer Weise literarische Qualität mit einem ethischen Anspruch zur Bewahrung der natürlichen Lebenssphäre verbinden. Eine Einmaligkeit in der literarischen Landschaft der Bundesrepublik.

„Da das Ticken der Problemuhr ein Komm-ich-heut-nicht-komm-ich-morgen nicht zulässt, schien es uns bald unabdingbar, die von einem solchen Preis ausgehende öffentliche Aufmerksamkeit Jahr um Jahr zu erregen“, bemerkte Brandenburgs damaliger Umweltminister Wolfgang Birthler in der Dokumentation der ersten fünf Jahre des Preises.
„Ein Umwelt-Literaturpreis heißt nicht, dass sich der Umweltminister in die Literatur einmischen will. Wohl aber will er Literatur und Literaten preisen, die sich in Umweltbelange einmischen. Er will Literatur nicht für politische Zwecke vereinnahmen, ihre Spezifik verwischen und ihre Spiel- und Freiräume bedrängen, wohl aber ist ihm an einer literarisch-ethischen Anstrengung gelegen, die die Spielräume für welterhaltende Vernunft erweitert … Die Politik darf nicht tatenlos zusehen, wie geistig bereichernde, lebenssichernde ethische Verständigung in der Gesellschaft durch Trivialkultur und -literatur zugeschüttet wird, weil sich Banalität besser rechnet. Also sagen wir zumindest hörbar, an welchem Ufer wir stehen“, verkündete Matthias Platzeck das Credo bei der ersten Verleihung im Schloss Branitz und führte weiter aus: „Revitalisierung der Natur, der natürlichen Lebensläufe wird es wohl ohne Revitalisierung der Ethik nicht geben; wird es nicht geben ohne eine Revitalisierung ganzheitlicher Wahrnehmung, ohne Kultivierung der Sinne, ohne Sensibilisierung des Umgangs mit Wissen und Macht, ohne Mobilisierung von Gefühl und Seele … Wenn Ökologen, Literaten und Künstler sich nicht enger miteinander ins Benehmen setzen, wird Vernunft nicht den Zuwachs erhalten, den Lebenserhaltung fordert.“

Den Preis erhielten: Reimar Gilsenbach und Wulf Kirsten (1994), Thomas Rosenlöcher (1996), Bernhard Kegel (1997), Volker Braun (1998), Lia Pirskawetz (1999), Hanns Cibulka (2000), Susanne Paulsen (2001), Annett Gröschner und Ernst Paul Dörfler (2002), Richard Pietraß und Andreas Altmann (2004), Wolfgang Hilbig und Antje Babendererde (2006), Anita Albus (2008), Florian Werner und Ulrich Grober (2011).

Jutta Schölzel