Naturfilm-Gucken mit Verlängerung


Im März 2009 war unser Speichercafé, der spätere Veranstaltungsort, noch eine Baustelle. Wir waren gerade dabei, uns als Verein – wieder einmal – neu zu erfinden. Wir bauten das Haus um. Weg von der Markthalle hin zu einem Seminar-, Veranstaltungs-, Kultur- und Gästehaus. Zu dieser Zeit dämmerte uns, dass wir mit einem billigen Beamer, mit Leinwand, DVD-Player und einer simplen Stereoanlage ein Kino sein konnten. Der unkomplizierte Zugang zu den Filmen der Ökofilmtour hatte uns die Entscheidung leicht gemacht. Null Risiko. Keine Kosten. Nur der freundliche Verweis auf die Spendenbüchse, die am Ende meist ganz gut gefüllt war. Natürlich reizte uns die Aussicht, so ungemütliche Dinge wie den Klimawandel und das Artensterben in angenehmer Umgebung bei einem frisch gezapften Glas Bier zu betrachten. Wir wollten gern ein Teil dieses Festivals sein. Und wurden es, auch wenn wir nicht mit großen Publikumszahlen zur Statistik beitragen.

25 Gäste an einem Abend sind bei uns guter Durchschnitt. Viel mehr passen auch nicht ohne Gedränge ins Speichercafé. Wir sind allerdings auch nur 200 Einwohner im Dorf. Inzwischen haben sich die Besucher daran gewöhnt, dass es jedes Jahr im März an vier Abenden etwas zu sehen gibt. Die pandemiebedingten Onlinediskussionen, die wir 2021 das erste Mal hatten, haben uns nebenbei eine weitere Tür geöffnet. Abrufzahlen von über tausend Zuschauern beim Filmgespräch für „Schönes neues Brot“ sind in der analogen Welt undenkbar.

Bei der Auswahl sind bei uns jene Filme erste Wahl, die einen Diskussionswert haben und an unsere Erfahrungen knüpfen. Das können ökologische und Naturschutz-Themen aus Brandenburg sein, aber auch Beiträge, die darüber hinaus gehen. Ich erinnere mich an eine intensive Diskussion über den Film „Am Ende der Milchstraße“ von Leopold Grün und Dirk Uhlig über ein abgelegenes mecklenburgisches Dorf vor einigen Jahren. Wir diskutierten – obwohl wegen der Kinolänge gar keine Diskussion geplant war – lange darüber, ob wohl das, was wir gerade sahen, die Zukunft unserer kleinen Dörfer wäre.

Überhaupt reden wir gern mit „unseren“ Experten. Geht es um Bienen, bitten wir Imker aus Wulkow oder aus dem Nachbardorf zum Gespräch. Geht es um den Boden oder um Tierhaltung, sind es unsere ortsansässigen Landwirte, die dem Austausch mit Filmemachern oft eine besondere Erdung verschaffen. Für die Moore oder für die Wassersituation finden wir oft Wissenschaftler im Müncheberger ZALF, dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, die uns etwas erklären.

Gern wählen wir aber auch Filme, die uns weit über den Tellerrand hinausblicken lassen – reisen mit Volker Köpp nach Sarmatien oder bestaunen mit Jan Haft die Über- und Unterwasserwelt der norwegischen Polarregion.

Ein bisschen schwierig ist es für uns oft, passende Filme für vier- bis sechsjährige Kinder zu finden. Wir haben keine Schule im Ort, aber den Kindergarten „Grashüpfer“ gleich nebenan. Die kommunale Kita verfolgt ein naturnahes Bildungskonzept und ist unser Partner bei den Kinderveranstaltungen. Die finden in aller Regel bei uns zum Abschluss der Tour statt und sind mit dem Vor-Oster-Markt am Ökospeicher gekoppelt. Wir zeigen dann vormittags mehrere Filme zu Naturthemen – oft aus der Neuneinhalb-Reihe oder der Sendung mit der Maus - und ziehen anschließend mit Keschern und Käferlupen an einen nahegelegenen Tümpel. Dort untersuchen wir mit Hilfe ehrenamtlicher Naturschützer die Wasserlebewesen. Oder wir gehen in den Schaugarten eines Imkers. Oder wir locken mit dem zwitschernden Zauberstift aus dem Bestimmungsbuch Singvögel an.

Mit der Zeit stellten wir während dieser Miniexkursionen fest, dass Eltern und Großeltern nicht weniger Fragen an unsere Natur-Experten haben als deren Kinder und Enkel. Aus dieser Idee heraus haben wir vor einigen Jahren naturkundliche Wanderungen ins Programm aufgenommen, die uns wieder ein neues Publikum erschlossen haben. Unter anderem eine kleine Gruppe von Hobby-Naturfotografinnen. Eine von ihnen wird demnächst ihre zweite Ausstellung im Speicher eröffnen. So zieht die Ökofilmtour bei uns ihre Kreise, auch dort, wo gar nicht Ökofilmtour drauf steht.

Fred Pilarski